Nach einem langen Winter mit öden Tagen auf dem Paddock oder der abgefressenen Winterweide sehnt sich jedes Pferd danach endlich wieder auf die satte grüne Weide zu kommen. Und obwohl es jedes Jahr dasselbe Prozedere ist, ist auch jedes Jahr wieder alles neu. Damit Sie aber auch wirklich die schönste Jahreszeit im Pferde- und Reiterleben genießen können, kommen hier 5 Tipps für eine möglichst unbeschwerte Weidesaison.
1. Anweiden
Warum Anweiden?
Ja, die meisten unserer Pferde kennen frisches Gras schon von klein an und haben schon einige Jahre Ihren Sommernahrungsbedarf damit decken können… ABER: Der Pferde- Magen-Darm- Trakt passt die Eigenschaften seiner Darmflora im Dickdarm an das verfügbare Futter an. Das bedeutet: Die Darmflora die im Winter für den Abbau und die Verwertung von rauhfaserreichem Heu, Stroh und Getreide zuständig sind, kann rauhfaserarmes feuchtes, proteinreiches Gras nicht abbauen und muss sich erst umstellen. Das braucht Zeit. Deshalb empfehle ich immer, und jedes Jahr aufs neue: Rechtzeitig Anweiden an der Hand beginnend mit 15 Minuten und langsamer Steigerung, und man kann viele Probleme im Nachhinein vorbeugen.
Was passiert wenn ich mein Pferd nicht Anweide?
Im besten Fall: Nichts. Nicht jedes Pferd entwickelt gesundheitliche Probleme wenn es nicht oder nicht ausreichend angeweidet wurde. ABER: Das Risiko ist doch deutlich erhöht. Typische Folgen, gerade am Anfang der Weidesaison sind Durchfall und Kotwasser. In der Regel keine lebensbedrohlichen Erkrankungen aber doch sehr anstrengend für den Pferdeorganismus. Wichtige Nährstoffe die nicht aufgenommen werden können und Flüssigkeit gehen verloren. Die Folgen sind Abmagerung, Nährstoffmangel und teilweise eine reduzierte Funktion des Immunsystems ( Bei anhaltender Symptomatik). Des weiteren ist die Gefahr von sogenannten Gaskoliken deutlich erhöht. Die vorhandenen Mikroorganismen können sich nicht so schnell umstellen (siehe oben) und es kommt zu Fehlgärungen im Blinddarm und Dickdarm. Starke Schmerzen, Gefahr der Darmdrehung und im schlimmsten Fall Darmruptur sind die Folge.
2. Vorerkrankungen?
Grundsätzlich entspricht das Leben in einer Herde auf einer ausreichend großen und gepflegten Weidefläche schon sehr den natürlichen Bedürfnissen eines Pferdes.
Aber es gibt auch durchaus Erkrankungen mit denen Ihr Pferd nichts oder nur sehr eingeschränkt etwas auf einer Weide zu suchen hat:
- Hufrehe: Egal ob Fütterungsbedingt, überlastungsbedingt oder aufgrund einer Stoffwechselerkrankung (Equines Cushing Syndrom, Equines metabolisches Syndrom usw.). Pferde die einmal oder bereits mehrere Hufreheschübe hatten sollten, wenn überhaupt, nur nach Absprache mit Ihrem Tierarzt auf die Weide.
- Arthrose: Grundsätzlich sollen Pferde mit arthrotischen Veränderungen der Gelenke viel und regelmäßige Bewegung haben. Jedoch muss dann auch die Herdenzusammensetzung dazu passen. Schön ist, wenn die Altersstruktur und vielleicht auch die Krankheitsgeschichten der Herdenmitgliederaufeinander abgestimmt sind. Dann ist es optimal.
- Sommerekzem: Pünktlich zum Sommer kommen auch die Gnitzen zurück und plagen einige Pferde wortwörtlich bis aufs Blut. Sollte Ihr Pferd eine bekannte Sommerekzemproblematik haben treffen Sie bitte die nötigen Vorkehrungen: Ekzemerdecke, Fliegen- und Mückenschutz, ggf. nur Nachts auf die Weide stellen.
3. Entwurmung und richtige Pflege der Weideflächen
Eine regelmäßige Entwurmung des Pferdebestandes ist wichtig und kann mithilfe der selektiven oder strategischen Entwurmungschemata durchgeführt werden. Details zur richtigen Entwurmung.
Fakt ist aber: Ohne ordentliches Hygienekonzept im Stall und auf den Weideflächen kann man sich die medikamentöse Entwurmung dann auch sparen.
Deshalb gilt:
- Tägliches Abäppeln der Weide (mindestens 2 x pro Woche).
- Pferdemist nicht als Dünger für Pferdeweiden nutzen (außer in Form von Schwaden Kompostierung).
- Ställe und Weiden stets trocken halten.
- Neue Pferde in Quarantäne, Entwurmen, Kotuntersuchung nach 5 Tagen, Zur Herde wenn keine Wurmeierausscheidung bestätigt (Goldstandard)
- Tiefes Pflügen der Weide- und Paddockflächen fördert das Absterben infektionsfähiger Larvenstadien der Nematoden und reduziert die als Zwischenwirte für Bandwürmer geltenden Moosmilben.
- BIOWORMA (noch nicht in D zugelassen), ein Pilz der eine klebrige Myzelstruktur auf Kotballen bildet, Wurmeier und Larven gefangen hält bis der Pilz sie dann auch noch als Nahrung verwendet.
4. Die Herdengröße und -Zusammensetzung
Grundsätzlich wird empfohlen für 2 Pferde mindestens 150 Quadratmeter Weidefläche zur Verfügung zu stellen. Jedes weitere Pferd sollte 25 Quadratmeter zur Verfügung haben. In der Praxis kann man sagen: Sind zu viele Pferde auf der Weide erkennt man das daran das:
- Viel Bewegung in der Herde ist
- Es oft Verletzungen bei Einzeltieren gibt
- ein hohes Agressionspotenzial in der Herde herrscht
- Einige Pferde abmagern weil sie rangniedrig sind und keinen Zugang zu den knappen Futtervorkommen haben.
Die Herdenzusammensetzung sollte gut durchdacht sein und ist aber auch abhängig von der Haltungsform der Pferde. In einem großen Pensionsstall kann nur bedingt auf einzelne Bedürfnisse eingegangen werden weshalb es häufig Stuten- Wallach Weiden gibt. Die Beweidung kleinerer Weideeinheiten mit gemischten Herden kleinerer Größe sind eine gute Alternative. Offenstall- oder Robusthaltungen haben meistens generell kleinere Herden und können individuelle Gruppen zusammenstellen. ABER: In jeder Gruppenform kommt es zu Problemen wenn nicht ausreichend Platz vorhanden ist und die Pferde ihren sozialen und physiologischen Bedürfnissen nicht nachkommen können.
5. Giftpflanzen entfernen
Wenn auf der Pferdeweide nicht nur Gras sondern auch wertvolle Kräuter und andere Gräser wachsen dann ist das grundsätzlich von Vorteil für die Widerstandskraft der Weidefläche und die Gesundheit der Pferde. Zudem sind Pferde in der Regel sehr selektive Fresser und halten sich, bei ausreichendem Futterangebot auf der Weide in der Regel von giftigen Pflanzeteilen fern. ABER man weiß es nie.
Die wichtigsten Giftpflanzen
- Buchsbaum
- Eiche
- Gundelrebe
- Kirschlorbeer
- Rot-Ahorn
- Rhododendron
- Pfaffenhütchen
- Wolfsmilch
- Akazie
- Ahornstab
- Blauer Eisenhut
- Goldregen
- Fingerhut
- Engelstrompete
- Eibe
- Herbstzeitlose
- Jakobskreuzkraut
- Maiglöckchen
- Sumpf-Schachtelhalm
- Oleander
- Schwarze Tollkirsche
- Seidelbast
- Thuja
- Weißer Germer
Wichtig ist: Nicht nur auf der Weide sondern auch am Weiderand, auf anderen Grundstücken, oder beim Ausritt sollte man darauf achten das keine giftigen Pflanzen aufgenommen werden können.
Typische Vergiftungssymptome
Bereits geringe Mengen reichen in der Regel für eine Vergiftung aus.
- verändertes Verhalten
- vermehrtes Speicheln
- roter Saum am Zahnfleisch im Übergang zu Zahn
- Schwitzen
- Atemnot
- Durchfall, Kolik
- Zentralnervöse Störungen (Zittern, Ataxie)
- erweiterte Pupillen
- erhöhte oder verlangsamte Herzfrequenz
Was sollten Sie im Verdachtsfall tun?
- Rufen Sie bitte sofort Ihren Tierarzt!
- Versuchen Sie in der Zeit des Wartens die Giftquelle ausfindig zu machen. Das hilft ungemein.
- Ihr Pferd sollte nichts mehr fressen. Zugang zu Wasser sollte aber gegeben sein.
- Im Falle Krampfanfälle oder Niederbrüche: Verlassen Sie bitte die Box bzw. gehen nicht in die Box. Sie können Ihrem Pferd in dieser Situation nicht helfen und bringen sich selbst in Gefahr.
Ich wünsche Ihnen und Ihrem Pferd eine schöne, stressfreie und verletzungsfreie Weidesaison.