Pferde sind, und das ist wohl nicht von der Hand zu weisen, potenzielle Selbstmörder. Zudem mit einem eher empfindlichen Magen-Darm-Trakt gesegnet und, ihrem natürlichen Fluchtinstinkt geschuldet, immer etwas zu hektisch in Gefahrensituationen. Das alles sind eher ungünstige Faktoren zur sorgenfreien Haltung eines oder mehrerer Pferde. Fragt man einen Pferdemenschen nach dem letzten außerplanmäßigen Zwischenfall mit seinem Pferd, liegt er nicht immer unbedingt in der letzten Woche.. ist aber definitv schon vorgekommen und hat in den meisten Fällen viel Nerven, Zeit und Geld gekostet.

Was ist ein Pferdenotfall?

Auf jeden Fall sollte tierärztliche Hilfe erfolgen bei:

  • hochgradige Lahmheit (das Pferd setzt das Bein nur noch sporadisch oder gar nicht mehr auf).
  • stark blutende Wunden.
  • Tiefe Wunden.
  • Augenverletzungen/-erkrankungen bei denen das Pferd das Auge teilweise oder vollständig verschließt.
  • Kolik.
  • Schlundverstopfung.
  • Atemnot.
  • Festliegen.
  • Hufrehe.
  • Hohem Fieber.

Wie gehen Sie grundsätzlich im Falle eines Notfalls vor?

  • Ruhe bewahren.
  • Bringen Sie sich und andere Menschen nicht in Gefahr.
  • Schaffen Sie eine möglichst ungefährliche und gewohnte Umgebung für das erkrankte Pferd.
  • Rufen Sie Ihren Tierarzt an bereiten Sie sich auf folgende Fragen vor
    • Seit wann besteht dieser Zustand?
    • Verschlimmert sich der Zustand innerhalb kurzer Zeit?
    • Hatte das Pferd schon einmal so eine Erkrankung?

Notfall: Hochgradige Lahmheit. Was müssen Sie beachten?

Pferd mit Hufrehe.

Häufige Ursachen für eine hochgradige Lahmheit sind:

  • Hufabzess.
  • Nageltritt.
  • Fraktur.
  • Fissur.
  • Sehnenan/-abriss.
  • Hufrehe.
Was können Sie nun tun bis der Tierarzt kommt?

Ihr Pferd möchte sich in der Regel nicht mehr bewegen. Wenn möglich soll es das auch nicht!

Fraktur/Fissur: Gerade im Falle einer Fraktur oder Fissur sollte zunächst (wenn möglich) eine Stabilisierung der Gliedmaße erfolgen. Dies kann in der Regel nur mithilfe von speziellem Material und Fachkenntins erfolgen (Tierarzt) Das bedeutet: Ihr Pferd bleibt, wenn möglich, genau da wo es gerade steht, stehen.

Nageltritt: Gleiches gilt in den meisten Fällen bei Nagetritten. Eine weitere Bewegung könnte einen noch in der Hornkapsel befindlichen Nagel oder anderen spitzen Gegenstand weiter in die Tiefe drücken und sehr empfindliche Strukturen im Huf verletzen.

Hufrehe: Hufrehe ist unglaublich schmerzhaft für das Pferd. Falls sich Ihr Pferd noch bewegen kann/ möchte, bringen Sie es auf einen weichen Untergrund. Im besten Falle ein weich eingestreute Box in der sich das Pferd zur Entlastung der schmerzhaften Vordergliedmaßen auch hinlegen kann. Ob Sie die Gliedmaßen kühlen sollten hängt unter anderem vom Auslöser der Hufrehe ab und sollte erst nach der Absprache mit Ihrem Tierarzt erfolgen.

Notfall: Kolik, Schlundverstopfung, Festliegen. Was müssen Sie beachten?

Kolik:

Im Falle einer Kolik kann es sehr langsam vorangehen, aber auch schnelle und heftige Verläufe sind nicht selten. Kommt es zu heftigen Verläufen, wird sich ihr Pferd in der Regel nicht wie gewohnt verhalten. Es hat starke Schmerzen und versucht sich diesen zu entziehen, bzw. sie zu lindern. Das kann bedeuten das es sich unkontrolliert bewegt, hinlegt, aufsteht, wälzt, usw..

Bleiben Sie in diesem Falle bitte in sicherem Abstand zu Ihrem Pferd! Sie werden ihm nicht helfen können, und wenn Sie darunterliegen oder an die Wand geschleudert werden, noch viel weniger.

Was können Sie tun bis der Tierarzt kommt?
  • Verbringen Sie ihr Pferd, wenn möglich in eine großzügige eingegrenzte Umgebung (Halle, Platz).
  • Lassen Sie ihr Pferd gerne frei laufen und sich hinlegen wenn keine Gefahr besteht sich zu verletzen.
  • Steht ein Anhänger samt Zugfahrzeug und Fahrer bereit um möglicherweise in die Klinik zu fahren?

Festliegen:

Kommt ihr Pferd in Folge des Wälzens an einer ungünstigen Stelle, einer Kolik oder einer Kreislaufschwäche zum festliegen, nähern Sie sich bitte immer nur über die Rückenseite des Pferdes. Niemals von vorne an den Kopf oder die Beine. Die Gefahr das Sie Ihr Pferd beim Versuch aufzustehen verletzt ist zu groß.

Was können Sie tun bis der Tierarzt kommt?
  • Machen Sie sich ein Bild von der Lage. Bleiben Sie ruhig.
  • Hat sich das Pferd in einer Stromlitze verfangen: Sofort Strom abstellen! Wenn möglich die Litze an einer anderen Stelle durchschneiden um den Zugdruck auf das Pferdebein zu verringern.
  • Liegt ihr Pferd ruhig? Dann funktioniert es ganz gut wenn sie Schlaufen zweier Longen um die Fesselbeugen der Vorder- und/oder die Hintergliedmaßen legen (dafür bitte über den Bauch des Pferdes greifen) und mit gleichmäßigem langsamen Zug und viel Ruhe das Pferd umzudrehen bzw. die Beine in eine Position zu bringen aus der es gut selbst aufstehen kann.
  • Ist das Pferd panisch und unkontrollierbar: Gehen sie bitte nicht in die Box! Versuchen Sie von außen das Pferd zu beruhigen, vermeiden Sie Menschenansammlungen um die Box/ den Zaun.

Schlundverstopfung:

Die Schlundverstopfung infolge ungeeigneter Futterstücke, schlechter Gebissqualität (ungenügende Zerkleinerung des Futters) oder zu schneller Fütterung nach einer Sedation löst in der Regel immer eine ziemlich panische und hektische Reaktion des Pferdes und des Besitzers aus. Die Angst davor das Pferd könnte ersticken ist groß. Aber zum Glück in den meisten Fällen unbegründet. Denn das Futter steckt im Schlund bzw. der Speiseröhre fest, nicht in der Luftröhre. Ruhig bleiben ist auch hier wieder das oberste Gebot. Das Pferd speichelt sehr stark und streckt den Hals nach vorne und unten.

Was können Sie tun bis der Tierarzt kommt?
  • Ruhe bewahren!
  • Ist der “Futterklumpen” auf der linken Halsseite sichtbar? dann mit langsamen gleitenden Bewegungen die “Beule” nach unten in Richtung Brust massieren.
  • Haben Sie einen Wasserschlauch mit Druck in der Leitung zur Hand? Dann gerne, wenn das Pferd es toleriert, ins Maul stecken und langsam aufdrehen.

Notfall: Wunden und Augenverletzungen: Was müssen Sie beachten?

Oberflächliche Verletzung ?

Oberflächliche und tiefe Wunden sind beim Pferde gerade zu Beginn und zum Ende der Weidesaison und in der Herdenhaltung nicht selten. Oft sind es nur oberflächliche Verletzungen die teilweise vom Besitzer unbemerkt bleiben und sich selbst regenerieren. Bisswunden, Pfählverletzungen mit kleiner Wundöffnung und großer Wundtasche sind da schon etwas Behandlungsintensiver und wenn eine Gelenksbeteiligung nicht ausgeschlossen werden kann sollte in jedem Fall ein Tierarzt hinzugezogen werden.

Was können Sie tun bis der Tierarzt kommt?
  • Ruhe bewahren.
  • Bei stark blutenden Wunden (in der Regel dann wenn ein größeres Gefäß beschädigt wurde) kann durch Druck auf die blutende Stelle eine Blutstillung erfolgen bzw. der Blutverlust verlangsamt werden. Jedes Pferd hat ein Blutvolumen von etwas 10% seines Körpergewichts. Da bleibt in den meisten Fällen genug übrig.
  • Ist das Pferd stark verschmutzt können Sie es mit Wasser abspritzen oder mit einem Schwamm abwaschen. Wichtig ist hierbei möglichst nicht den Wasserstrahl in Wunden halten um die Wunde ” richtig Sauber” zu bekommen. Sie spülen damit nur den Sand, Schlamm und die Bakterien vom Fell in die Wundhöhle. Das ist dann eher ungünstig.
  • Liegt die Verletzung in der Nähe eines Gelenks/ einer Sehnenscheide? Achten Sie auf den Austritt Bernstein farbender Flüssigkeit (Gelenksflüssigkeit). Aber Achtung! Nicht immer tritt bei Gelenksbeteiligung Gelenksflüssigkeit aus! Es ist kein zuverlässiger Hilfsfaktor.

Augenverletzungen/- erkrankungen

Für die Erkrankung des Pferdeauges gibt es diverse Auslöser. Häufig ist ein “Schub” im Falle einer sogenannten periodischen Augenentzündung ursächlich dafür das es zu einer relativ raschen Verschlechterung am Auge kommt. Verletzungen am Auge betreffen meist die Augenlider und die Hornhaut. Insgesamt ist die Anatomie und auch die Pathologie am Pferdeauge sehr komplex und ich nenne Ihnen nun die wichtigsten Symptome am Auge bei denen Sie unbedingt einen Tierarzt kontaktieren sollen.

Augenverletzung am unteren Augenlid.
  • Kneift das Auge zu.
  • starker Tränenfluss.
  • Starke Schwellung und Rötung der Augenlider.
  • Starke Abwehrreaktion des Pferdes bei Berührung in der Augengegend.
Was können Sie tun bis der Tierarzt kommt?
  • Stellen sie das Pferd in eine zugluftarme und wenn möglich dunkle Box.
  • Bei starkem Sonnenschein und Insektenflug: Eine Augenmaske anlegen.
  • Sollte eine starke Lichtempfindlichkeit beobachtet werden: kleben Sie die betroffene Seite mit Klebeband ab zur Verdunklung.
  • Bitte nicht eigenständig versuchen das Auge zu “untersuchen” und schon mal ne Salbe rein schmieren die man eh noch im Schrank hat. Das ist definitiv kontraproduktiv.

Diese Auflistung und “Anleitung” für die gängigsten Notfälle bei Pferd dient lediglich der Orientierung und sie sollten in jedem Fall wenn sie sich unsicher sind oder sie die Situation überfordert Rücksprache mit Ihrem Tierarzt/ Ihrer Tierärztin halten.

Pferdepraxis Hamburg: Dr. Anna Wagner von der Pferdepraxis Alstertal vor Ihrem Praxiswagen.

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