Nach dem wir uns nun ausführlich mit der Geschichte, dem eigentlichen Gedanken und Sinn hinter der Chiropraktik nach der IAVC sowie den typischen Symptomen die eine chiropraktische Behandlung des Pferdes sinnvoll machen beschäftigt haben, kommen wir nun zu der Frage: Wie wird das Pferd behandelt? Hierfür springen wir aber nicht sofort auf unser Bale (der große schwarze Klotz) und palpieren und behandeln drauf los. Die sogenannte Anamnese (der Vorbericht) ist ein wichtiger Teil der chiropraktischen Behandlung. Insbesondere bei der ersten Behandlung kennen wir Chiropraktoren die Pferde meist nur aus “tierärztlicher Sicht”. Bewegungseinschränkungen und Rittigkeitsprobleme die nicht im direkten Zusammenhang mit einer akuten Lahmheit stehen, werden bei einem “normalen” tierärztlichen Besuch meist nicht besprochen.

Die Anamnese

In der Regel wird man aus drei Gründen für eine chiropraktische Untersuchung des Pferdes gerufen:

  1. Das Pferd kann Leistungen die es vorher zeigen konnte nicht mehr abspielen.
  2. Es besteht Potenzial für mehr aber die Leistungskurve stagniert.
  3. Das Pferd wird regelmäßig chiropraktisch behandelt und zeigt darunter einfach das höchste Maß an Leistungsbereitschaft und Wohlbefinden.

Anamese- Das Pferd im Stand

Wie wir bereits wissen gibt es weitaus mehr Gründe dafür ein Pferd einmalig oder regelmäßig chiropraktisch zu behandeln. Dem Reiter bzw. Besitzer fallen aber, erfahrungsgemäß die oben genannten Punkte am häufigsten auf.

Somit beginnt der Vorbericht also damit zu erfragen wie das Pferd bewegt und gearbeitet wird beziehungsweise wie es die Zeit verbringt wenn der Besitzer mit ihm “arbeitet”. Und dabei gibt es natürlich große Unterschiede. Zum einen in Abhängigkeit vom Alter des Pferdes, der Rasse, der Nutzung und auch dem reiterlichen Vermögen des Reiters. Dann versucht man gemeinsam zu eruieren wann die “Probleme” angefangen haben und ob es möglicherweise einen Auslöser gab oder es sich eher um einen schleichenden Prozess handelt.

Ein weiterer, wichtiger Punkt beim Vorbericht ist für uns die Erscheinung des Pferdes. Wie steht es da? Gibt es bereits im Körperbau Schwachstellen die uns auffallen? Der wichtigste Punkt bei dieser Begutachtung ist aber mit Sicherheit die Frage: Hat das Pferd aktuell Schmerzen? Das sieht man relativ schnell und eindeutig im Gesichtsausdruck des Pferdes und und auch im Verhalten während der Untersuchung. Ist das der Fall muss zunächst abgeklärt werden ob womöglich zunächst ein tierärztliches Problem vorliegt und das natürlich dann auch zuerst abgeklärt und behandelt wird.

Anamnese-Das Pferd in Bewegung

Dann geht es endlich los: Wir bewegen uns. Also überwiegend das Pferd. Auf hartem, ebenen Boden im Schritt und Trab von hinten, vorne und am liebsten auch von der Seite. Ich schau mir die Pferde dann auch noch gerne im Schritt auf einem kleinen Zirkel linksrum und rechtsrum an. Dann geht’s, aber nicht immer, auch noch einmal an die Longe, gerade wenn die Probleme bei Tempi-Übergängen bestehen oder sich bei längerer Bewegung verschlechtern bzw. verändern.

Ist der Bewegungsablauf ungestört und gleichmäßig?

Anamnese-Worauf achten wir?

Sowohl im Stand als auch in der Bewegung interessiert uns aus chiropraktischer Sicht folgendes:

  1. Ist die Bemuskelung gleichmäßg ausgeprägt auf beiden Seiten des Pferdes?
  2. Sind bestimmte Muskelgruppen besonders stark oder schwach ausgebildet?
  3. Sind Bereiche der Muskulatur warm oder Berühungsempfindlich?
  4. Werden die Beine in Bewegung gleichmäßig vorgeführt und belastet?
  5. Bleibt das Pferd in der Bewegung gerade oder weicht es zu einer Seite aus?
  6. An der Longe: Ist das Pferd in positiver oder negativer Spannung unterwegs?

Chiropraktik beim Pferd- Das Bale

So. nun kommt endlich das berühmte Bale zum Einsatz. Das haben viele, auch ohne ihr Pferd jemals chiropraktisch behandelt zu haben schon einmal gesehen. Es ist, steht es einmal in einer Stallgasse aber auch nicht zu übersehen. Groß und schwarz ist es, gefüllt mit Styropor-Platten. Nun fragen sich einige.. warum muss man so ein großes, unhandliches “Ding” vor dem die meisten Pferde auch noch Angst haben ( die ist spätestens bei der 2. Behandlung nicht mehr da) mitschleppen?

Das Bale

Dafür gibt es einige Gründe:

  1. Für viele Palpations- und Behandlungsgriffe muss man hoch hinaus. Und zwar ungefähr auf Höhe des Reiters, wenn er auf dem Pferd sitzt.
  2. Sicherheit. Der Bale ist sehr standsicher und kippt praktisch nicht um. Außerdem verletzt sich auch ein Pferd, sollte es mal draufspringen wollen… praktisch kaum.
  3. Platz. Um auf die richtige Ebene zu kommen muss man oft in einen ausgeprägten Ausfallschritt gehen. dafür bietet das Bale genügend Platz
  4. Höhenverstellbar. Und zwar auf 3 Höhen. von Pony bis Großpferd ist alles möglich.
  5. Leise. Pferde mögen keinen Lärm, knarren oder knallen. Das Bale auch nicht.

Chiropraktik beim Pferd- Motion-Palpation

Kann sich ein Bewegungssegment frei in seinem gesamten Bewegungsspielraum bewegen? Diese Frage beantworten wir Chiropraktoren durch Bewegung (Motion) und Berührung (Palpation) der Wirbel und Gelenke. Oft lässt sich schon so einiges während der Bewegungsanalyse vermuten und spätestens bei der Motion-Palpation bleibt dann keine Bewegungseinschränkung unentdeckt. Wie genau das ganze funktioniert und warum eine Bewegungseinschränkungen mehrerer Gelenke unter Umständen die gesamte Biomechanik des Pferdes negativ beeinflussen kann… können Sie hier noch einmal nachlesen.

Das Adjustment- Worauf kommt es an?

  1. Hammer und Nagel.
  2. Die richtige Haltung des Chiropraktors.
  3. Die Auffindung des korrekten Ansatzpunktes am Pferd.
  4. Kooperation des Pferdes.

Das Adjustment “Hammer und Nagel”

Nun ist es endlich so weit. Es geht ans Einrenken.

Nein, nicht wirklich. Eigentlich so gar nicht. Vielmehr ist es das Adjustment. Dieser Begriff hört sich nicht nur wesentlich vornehmer an als “Einrenken”, er ist es auch. Es geht um Schnelligkeit und Präzision, eben wie ein Impuls. Schnell (wahnsinnig schnell) und mit kurzem Hebel (sehr kurzem Hebel) auf einen definierten Punkt des Gelenks ( Am Wirbel ist es der Dornfortsatz oder ein sehr kleiner Fortsatz direkt neben dem Dornfortsatz). Vergleichbar ist der Ablauf eines Adjustments mit dem Vorgang einen Nagel mit dem Hammer in die Wand zu hämmern. Nehme ich den (Hammer-)Arm weit zurück vor dem Schlag ( das ist dann der lange Hebel) verfehle ich den Nagel zu 98%. Ich zerstöre die Wand oder schlage mir auf den Finger. Führe ich den Hammer nun auch noch langsam aus diesem langen Abstand ( schon wieder der lange Hebel) auf den Nagel zu, verfehle ich den Nagel garantiert wieder.

Das Adjustment- Die richtige Haltung des Chiropraktors

Die gute Nachricht vorweg. Nimmt der Chiropraktor nicht die korrekte Haltung für sein Adjustment ein, schadet er nicht dem Pferd. Aber er schadet sich selbst. Warum? Nun, der Impuls der mit hoher Geschwindigkeit auf das Gelenk gegeben wird, kommt zurück, in die Hände des Chiropraktors. Und schaut man sich nun die körperlichen Gewichtsunterschiede von Pferd und Mensch an, kann man erahnen das die Gelenke des Menschen eher weniger gut mit solch starken “energetischen” Rückstößen umgehen können. Es kommt zu Schmerzen und Verschleißerscheinungen. Aber das passiert nicht wenn wir in die richtigen Positionen für unsere Adjustments gehen. Deshalb hüpfen wir auch mal hoch und wieder runter vom Bale, verschieben es, stellen es höher, tiefer, gehen in weite Ausfallschritte oder lehnen uns weit übers Pferd. Das ist definitiv keine Show. Das ist Selbstschutz.

Das Adjustment- Der korrekte Ansatzpunkt am Pferd

Dieser ist wiederum für das Pferd ziemlich wichtig. Und die Begründung dafür ist relativ simpel: Nutzt man nicht den korrekten Ansatzpunkt (segmentaler Kontaktpunkt) am Pferd, ist das Adjustment ohne Wirkung und dem Pferd wird nicht geholfen.

Das Adjustment- Kooperation des Pferdes

Ein sehr wichtiger Grund. Denn, wir wissen alle: Kooperiert das Pferd nicht (meist aus Angst) wird so ziemlich alles schwierig was man mit diesem Pferd machen möchte. Das Bale ist oft ein erster kleiner Angstgegner. Dieses Misstrauen ist aber meistens schnell vom Tisch und es wird gut akzeptiert. Des weiteren sind es Haltungen die der Chiropraktor einnimmt die oftmals zunächst ungewohnt sind. Gerade junge Pferde die noch nicht eingeritten sind finden den Menschen der über Ihnen steht (verständlicherweise) zunächst komisch. Aber auch das legt sich relativ schnell. Gefährlich wird es für uns Chiropraktoren (und Tierärzte) oft wenn das Treten, Steigen und umrennen dazu kommt. Das Bale dient zwar als guter Puffer aber alles kann es dann auch nicht abhalten. Deshalb: Teilen Sie uns bitte mit wenn ” er das nicht so mag”. Dann kann man sich darauf einstellen und sie müssen sich im Zweifel nicht einen neuen Chiropraktor UND Tierarzt suchen.

Chiropraktik beim Pferd- Was kommt danach?

Diese Frage stellen sich viele Besitzer und sie ist relativ einfach zu beantworten. Direkt im Anschluss an die Behandlung: nichts. Wer selbst schon einmal chiropraktisch behandelt wurde kennt das Gefühl. Man ist etwas müde. und hat den Eindruck sich erst einmal an das neue Körpergefühl gewöhnen zu müssen. So ist es beim Pferd auch. Sie horchen regelrecht in sich hinein. Sie kauen während der Behandlung oft ab, senken den Kopf oder gähnen verstärkt. Da passiert etwas im Körper und das sollte nicht sofort in die nächste Reitstunde die direkt im Anschluss an die chiropraktische Untersuchung vereinbart wurde mitgenommen werden. Auch am nächsten tag noch nicht. Lockeres longieren an der Longe ohne große Anstrengung und Aufregung sind für die nächsten 2-3 Tage das perfekte Bewegungsprogramm. Danach kann es wieder wie gewohnt weiter gehen. Nur besser.

Für Fragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Pferdepraxis Hamburg: Dr. Anna Wagner von der Pferdepraxis Alstertal vor Ihrem Praxiswagen.

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