Im ersten Teil von “Chiropraktik beim Pferd” haben wir uns ausführlich mit der Geschichte und der Philosophie der Chiropraktik beschäftigt. Außerdem konnten wir aufklären das es definitiv ums Nervensystem geht und nicht um “ausgerenkte” Knochen. Jetzt, im zweiten Teil von “Chiropraktik beim Pferd” stehen die Symptome im Mittelpunkt die für eine chiropraktische Untersuchung und Behandlung beim Pferd sprechen. Die Symptome die unsere Pferde zeigen können, sind mindestens genauso vielseitig wie die Pferde selbst. Das soll heißen, was für das eine Pferd ein riesen Problem darstellt ist für das andere Pferd noch lange nichts was man jetzt an die große Glocke hängen muss. Woran erkennt man nun ob und in welchem Maße die Probleme des Pferdes bestehen? Und welche Symptome sind eigentlich typisch und welche eher nicht? Was hat die Biomechanik des Pferdes damit zu tun? Das klären wir im folgenden auf.

Vorab schon mal die typischen Symptome:

  • Unrittigkeit
  • Probleme in Stellung und Biegung
  • Schlechter Muskelaufbauungleicher Muskelaufbau/Bemuskelung
  • Reduzierte Leistungsbereitschaftveränderte Körperhaltung (Kopfschiefhaltung, Schweifschiefhaltung)
  • Verspannungen
  • Vermehrtes Schwitzen oder punktuelles Schwitzen
  • Schmerzzustände entlang der Wirbelsäule und des Beckens (nach tierärztlicher Abklärung)
  • Unpassender Sattel
  • Verhaltensauffälligkeiten (meist aufgrund von Schmerzzuständen)
  • Nach Trauma (Sturz, Ausrutschen, festliegen)
  • Nach Vollnarkosen
  • Fehlhaltungen des Reiters beim Reiten
  • Chiropraktik beim Pferd- Was ist Biomechanik?

    Die Biomechanik ist für alle harmonischen Abläufe im Körper (und das auf jeder Ebene) verantwortlich und entscheidend. Grundsätzlich kann man sagen: Als Biomechanik kann man das Verhalten eines Körpers bezeichnen der Kräften und Verschiebungen ausgesetzt ist. Zusätzlich werden aber auch noch alle anderen Strukturen (Muskeln, Sehnen, Bänder, Organe) mit beeinflusst. Was heißt das nun im Klartext? Im Klartext heißt das: Wir brauchen noch ein Fremdwort. Die Biotensegrität. Anhand der Abbildung 1 lässt sich erahnen was damit gemeint ist: Der Einfluss von Muskeln, Faszien und Bändern (Zugspannungkräfte) auf die Struktur (Knochen und Gelenke) sollte sowohl in Ruhe (A) als auch unter Belastung (B) stabil und effizient sein. Das bedeutet: Hat eine Struktur zu wenig Spannungsintegrität ” bricht” sie an der Stelle an der die Belastung zu groß ist. Dagegen “brechen” Strukturen mit Spannungsintegrität an der schwächsten Stelle.

    Biomechanik- Ein Beispiel

    Wenn Sie ein Zelt (Körper) aufbauen, dann befestigen Sie es an definierten Punkten (Knochen und Gelenke) mit Seilen und Haken ( Muskel, Faszien, Bänder) am Boden um es unter Spannung zu bringen und somit gegen Wind und Regen ( Einflüsse von außen) zu stabilisieren. Dafür sind mehrere Befestigungen nötig um eine gleichmäßige Stabilisierung des Zeltes zu erhalten. Ist nun eines dieser Seile zu stramm oder zu locker, oder ist ein Haken nicht so in der Erde fixiert wie die anderen, ist die Stabilität nicht mehr zu 100 % gegeben und Wind und Regen bringen Ihr Zelt schneller zum Fall weil es nicht angemessen in der Bewegung mitgehen kann.

    Chiropraktik beim Pferd- Flexibilität, Beweglichkeit und Muskeltonus

    Das klingt wie Musik in den Ohren für die meisten Pferdebesitzer. Wenn man schon selbst eher weit davon entfernt ist alle drei Punkte optimal zu erfüllen sollte doch wenigstens beim Pferd alles im Einklang sein. ABER: Nicht jedes Pferd hat die gleiche Flexibilität, Beweglichkeit und Muskeltonus wie andere Pferde. Die Rasse, die Körpergröße, die Nutzung, das Alter, Vorerkrankungen, Narben, Emotionen und Ernährung haben einen erheblichen Einfluss darauf. Eine sogenannte Hypermobilität ( einige Menschen haben diese besonders am Daumen und können ihn im rechten Winkel nach hinten biegen) oder Steifheit (aufgrund von starken Schmerzen, Arthrose usw.) kann genauso wie eine Lähmung eines Muskels (Parese) oder eine Übererregbarkeit eines Muskels/einer Muskelgruppe können durch eine chiropraktische Behandlung nicht behoben werden. Das ist aber auch nicht das Ziel. Aber was ist dann das Ziel?

    Flexibilität und Beweglichkeit sind von vielen Faktoren abhängig.

    Chiropraktik beim Pferd-Stabilisierung und Mobilisierung

    Das Ziel einer chiropraktischen Untersuchung und Behandlung des Pferdes ist vielmehr die Stabilisierung und Mobilisierung der Strukturen innerhalb Ihres individuellen Bewegungsspielraums. Spielraum deswegen weil man durch die chiropraktische Behandlung des Pferdes definitiv eine höhere Flexibilität, bessere Beweglichkeit und angepassten Muskeltonus erreichen kann. Ohne dabei den natürlichen Bewegungsspielraum des Pferdes zu verlassen. Das ist ganz entscheidend. Denn. Einem Hannoveraner die maximale Flexion der Gelenke eines Isländers im Tölt “anzubehandeln” wird eher in pathologischen Zuständen enden als zu mehr Stabilität und Mobilisierung des Pferdes zu führen.

    Das besagte Zelt der Biotensegrität kann eben auch nur auf Boden und bei Windstärken stehen für die es gebaut wurde. da nützen dann auch die besten Seile und Haken nichts. Die chiropraktische Untersuchung sorgt für eine ausgeglichene Stabilisierung des Zeltes und hält es aber auch so beweglich das es entsprechenden Windstärken standhalten kann.

    Chiropraktik beim Pferd- Stabilisierung des Nervensystems?

    Irgendwie müssen wir nun die Kurve von der Biomechanik zum Nervensystem bekommen. Denn das ist ja, zumindest habe ich das im ersten Teil von “Chiropraktik beim Pferd” behauptet, das Hauptziel der Chiropraktik.

    Es ist aber keine Kurve sondern ein direkter Weg ohne Umwege der diese beiden Punkte miteinander verbindet.

    Jeder Muskel wird von sogenannten Motoneuronen innerviert. Und jedes Gelenk wird zu 80 % von Muskeln und Sehnen stabilisiert. Dann kommt es bei mechanischen Stresssituaitonen (Abrutschen, Stürzen, Abspringen) dazu das dass somatische Nervensystem den Muskeln befiehlt sich zusammenzuziehen um das Gelenk zu stützen und damit zu schützen. So weit so gut. Aber was ist daran nun der Grund für Gelenkschäden und gestörte Abläufe der Biomechanik?

    Die Biomechanik des Pferdes ist stark davon abhängig das alle Elemente im Bewegungsablauf richtig funktionieren. Ist das nicht der Fall weil einzelne Elemente dieser Kette nicht in ihrem vollständigen Bewegungsspielraum agieren, findet ein fehlerhafter Informationstransport zum Nervensystem statt und die Muskeln und Sehen eines Gelenks bekommen sehr häufig den Impuls sich zusammenzuziehen. Das wiederum resultiert darin das häufig viel Druck im Gelenkspalt entsteht und so zu kleinen Läsionen führen die sich dann, zu Lahmheiten entwickeln können.

    Chiropraktik beim Pferd- Muskelgesundheit und Muskelkraft

    Muskelzellen benötigen Glucose (Zucker), Sauerstoff und noch weitere Substrate. Somit sind die Ernährung, die Ventilation und die Respiration des Pferdes sehr wichtig für die Muskelgesundheit und Muskelkraft. Außerdem müssen all diese Stoffe nicht nur verfügbar sein sondern auch im vollem Umfang aufgenommen werden können.

    Die Muskelkraft hängt im höchsten Maße von der Funktionalität der Motoneuronen ab die den Muskel innervieren. Das bedeutet: Je höher die Erregungsfrequenz der Motoneuronen ist, desto höher ist auch die Erregungsfrequenz der Muskelfasern. Diese hohe Aktivität stimuliert dann intrazellulär die Proteinbiosynthese (der Muskel wächst und entfaltet seine volle Kraft).

    Nun würde man annehmen das man durch das angemessene Training des Pferdes schon für eine erhöhte Erregungsfrequenz sorgen und somit der Muskeltonus ( also die Erregungsleitung) aufrecht erhalten wird. Dem ist aber nicht so. Denn der Muskel bildet sich nur so gut aus wie er auch versorgt und beansprucht wird. Damit wären wir wieder beim Handyempfang und beim Zelt. Somit ist ein Muskel in seiner Funktion nur so gut wie die Aktivität seiner Motoneuronen. Und diese sind wiederum abhängig von der Gesundheit, Integrität und einwandfreien Funktion des Nervensystems.

    Chiropraktik beim Pferd- Beweglichkeit und Nervensystem

    Im Vorfeld einer chiropraktischen Behandlung palpieren wir jedes Gelenk der Wirbelsäule, des Beckens und der Gliedmaßen um seine Beweglichkeit im Rahmen seiner physiologisch möglichen Beweglichkeit zu überprüfen. Eine eingeschränkte Beweglichkeit sagt uns: Hier findet kein adäquater Informationsaustausch zwischen dem Nervensystem und den Muskeln und Sehnen statt. Somit entsteht eine ungleiche Belastung und Entlastung der Gelenke. Und das führt, wie bei unserem Zelt, dazu das dass Pferd nicht das volle Potenzial seiner Beweglichkeit und Flexibilität ausnutzen kann. Das ist nicht nur in Hinblick auf die Leistung eines Pferdes von Interesse (nicht alle Pferde sollen die nächsten Olympiasieger werden). Auch in Hinblick darauf Verletzungen, akut oder immer wiederkehrend vorzubeugen, ist ein störungsfreier Informationsfluss (der Handyempfang) unverzichtbar.

    Chiropraktik beim Pferd- Die Symptome

    Nun ist es wohl keine all zu große Überraschung mehr das die Symptome, die für eine chiropraktische Untersuchung sprechen würden, vorwiegend den Bewegungsapparat des Pferdes betreffen. Grundsätzlich muss man beachten: Die chiropraktische Untersuchung und Beratung ersetzt NICHT eine tierärztliche Untersuchung. Gerade in Hinblick auf Lahmheiten. Aber das ist ja kein allzu großes Problem. Bei einem nach der IAVC zertifizierten Chiropraktor sind sie ja auch tierärztlich direkt an der richtigen Adresse.

    • Lahmheiten, akut oder chronisch nach tierärztlicher Abklärung und ggf. Therapie
    • Unrittigkeit
    • Probleme in Stellung und Biegung
    • schlechter Muskelaufbau
    • ungleicher Muskelaufbau/Bemuskelung
    • reduzierte Leistungsbereitschaft
    • veränderte Körperhaltung (Kopfschiefhaltung, Schweifschiefhaltung)
    • Verspannungen
    • Vermehrtes Schwitzen oder punktuelles Schwitzen
    • Schmerzzustände entlang der Wirbelsäule und des Beckens (nach tierärztlicher Abklärung)
    • unpassender Sattel
    • Verhaltensauffälligkeiten (meist aufgrund von Schmerzzuständen)
    • nach Trauma (Sturz, Ausrutschen, festliegen)
    • nach Vollnarkosen
    • Fehlhaltungen des Reiters beim Reiten

    Es gibt eigentlich, außer in akuten sehr schmerzhaften Prozessen kaum eine Indikation die nicht durch eine chiropraktische Behandlung verbessert oder behoben werden könnte.

    Im nächsten Beitrag erläutere ich den Ablauf einer chiropraktischen Untersuchung und Behandlung und erkläre warum wir nicht das Hinterbein des Pferdes nach vorne oder hinten ausziehen. Jetzt schon Fragen? Gerne.

    Pferdepraxis Hamburg: Dr. Anna Wagner von der Pferdepraxis Alstertal vor Ihrem Praxiswagen.

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